Am 9.6.23 trafen wir uns gemeinsam mit etwa einem Dutzend Menschen in der Maxstraße, um 8 Stolperstein-Stationen in der Innenstadt abzulaufen und uns gemeinsam an den Holocaust zu erinnern.
Während des Spaziergangs hielten immer wieder Passanti an und hörten bei einem Stein zu oder begleiteten uns sogar spontan über mehrere Steine hinweg.
Sehr eindrücklich wurde mithilfe der Biographien von 13 verfolgten und ermordeten Menschen das damalige Vorgehen gegen „unwertes Leben“ vermittelt.
Unterstützt
wurden wir dabei durch den „VVN Augsburg“ – ein sehr wichtiger
Verein zur Erinnerungskultur.
Zwei der Mitglieder begleiteten
unseren Spaziergang und konnten durch ihr umfangreiches Wissen viel
zum Verständnis der damaligen Geschehnisse beitragen.
Der VVN gründete sich ursprünglich aus Verfolgten des Nazi-Regimes und arbeitet seitdem ehrenamtlich am Gedenken an die Verfolgten. So kümmern sie sich beispielsweise um die Verlegung der Stolpersteine, um die Erforschung der historischen Daten zu den Verfolgten und führen immer wieder solche Stolpersteinspaziergänge, auch in Augsburg, durch.
Als Dank dafür werden sie vom Verfassungsschutz beobachtet.
Bei diesem ersten Stolpersteinspaziergang von ABA lag ein besonderes Augenmerk auf Opfer der „Aktion T4“ und der „dezentralen Euthanasie“. Vor allem die „Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren“ fiel als Ankerpunkt vieler Ermordungen auf. Mit den Schlagworten „Aktion T4“ sowie „dezentrale Euthanasie“ bezeichnete das NS-Regime die Ermordung von „unheilbar Kranken“:
Seit 1939 wurden von der Tötungsbehörde in der Tiergartenstraße 4 (deshalb „Aktion T4“) in Berlin sämtliche „unheilbar Kranke“ auf Listen erfasst. Die Heil- und Pflegeanstalten mussten die Patient*innen nach Berlin melden, die laut dem Regime nicht mehr als lebenswert gelten.
Die 3 Gutachter der Aktion T-4 prüften diese Patient*innenlisten und sendeten dann die Namen der Patient*innen an die Heil- und Pflegeanstalten zurück, die einer „Reichsanstalt“ zugeführt werden sollten. Der Grund der „Verlegung“ in die sogenannte Reichsanstalt war die Ermordung der Patient*innen.
In der ersten Phase der Krankenmorde bis zum „Euthanasie-Stopp“ im August 1941 wurden insgesamt 687 Patient*innen von der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren aus in die Tötungsanstalten Grafeneck und Hartheim transportiert und dort ermordet. Danach wurde wegen Protesten die Verlegung von Patient*innen in die Tötungsanstalten eingestellt.
Nach der Einstellung der Aktion T-4 wurden die entsprechenden Tötungsanstalten jedoch nicht stillgelegt. Sie wurden für andere Tötungsaktionen genutzt wie zum Beispiel die „Aktion 14f13“ bei der hauptsächlich entkräftete und kranke KZ Häftlinge ermordet wurden.
Viele Menschen wurden aus den verschiedensten Gründen teils völlig willkürlich als „Asoziale“ eingestuft. Dies betraf besonders Ausländer*innen, Homosexuelle, Obdachlose, Arbeitslose, Wanderarbeiter*innen, Fürsorgeempfänger*innen, Sinti*zze und Rom*nja. Insbesondere in der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ wurden innerhalb weniger Tage zehntausende Menschen in KZ inhaftiert. Als „Asoziale“ galten sie auch innerhalb der Lager als besonders minderwertig.
Auch ging die Ermordung der Menschen mithilfe der sogenannten „dezentralen Euthanasie“ und der „Entzugskost“ in den Heil- und Pflegeanstalten weiter:
Die Patient*innen erhielten über Monate hinweg nur noch dünne Suppe (in Wasser gekochte Gemüsereste) und waren nach wenigen Monaten so geschwächt, dass sich aus der kleinsten Erkältung eine tödliche Lungenentzündung entwickelte. Zudem erhielten sie überdosiert „Luminal“ oder „Morphium-Skopolamin“, um die Erkrankung zu beschleunigen.
Mit dieser E-Kost-Methode wurden im Nationalsozialismus schätzungsweise 30.000 Menschen in Heil- und Pflegeanstalten still und heimlich ermordet.
Es wird nicht der letzte Stolpersteinspaziergang von ABA gewesen sein, zu wichtig ist es, immer und immer wieder an die Grauen des Faschismus zu erinnern.
Never Forget!
Never Again!
Antifaschismus bleibt notwendig.