Genau ein Jahr nach den rechten Morden in Hanau haben sich in vielen Städten Antifaschist*innen zusammen auf die Straße begeben, um die immer noch rassistischen Zustände in unserer Gesellschaft mit all seinen Folgen anzuprangern.
So haben auch wir uns in Augsburg an eben jener Demonstration beteiligt.
Die etwa 1000 Menschen, die am 19.02.2021 mit uns hier auf der Straße waren, haben deutlich gemacht: Rassismus und rechte Hetze werden in Augsburg nicht toleriert und es gilt, sich weiterhin entschlossen aller Xenophobie entgegenzustellen.
Warum dies leider immer noch notwendig ist, zeigt zum Beispiel die AfD Kreis Augsburg, welche den Anschlag in Hanau mit den Worten: „Deutschland auf dem Weg zum Multikulti-Drecksloch“ kommentierte. [1]
Dubravko Mandic vom „rechten Flügel“ der AfD und Direktkandidat für die Bundestagswahl 2017 hat es mit einem Facebookpost auf den Punkt gebracht: „Von der NPD unterscheiden wir uns vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerumfeld, nicht so sehr durch Inhalte.“ [2]
Das Problem des Rassismus besteht aber nicht bloß in der AfD, sondern auch bei staatlichen Organen wie Polizei, Bundeswehr oder Verfassungsschutz.
Beispielsweise hatten die Sicherheitsbehörden über Jahre hinweg bis zu 43 Spitzel im Umfeld des NSU, was die Anschläge in diesem Zusammenhang nicht im Ansatz verhindert hat. Im Gegenteil, der Verfassungsschutz förderte jahrelang den NSU durch V-Personen finanziell und schloss bis 2011 rechtsextreme Motive der Täter*innen aus. Stattdessen wurde im Umfeld der Opfer nach Tatverdächtigen ermittelt. [3] [4]
Statt einer wirksamen Aufarbeitung seitens des Staates bezüglich der unzähligen Versäumnisse der Sicherheitsbehörden, folgte ab 2018 der NSU 2.0. Diesmal stehen die Beamt*innen in der ersten Reihe und verschicken selbst Drohmails mit persönlichen Daten, abgerufen aus den Polizeidatenbanken, an Migrant*innen und Linke – Inzwischen gibt es davon mehr als 80. [5]
Dazu kommen Polizist*innen mit dem Zeigen des Hitlergrußes, „Thin-Blue-Line“ Symbolen auf der Uniform, einem „Hannibal-Netzwerk“, das innerhalb der Sicherheitsbehörden Mitglieder anwirbt, um nach dem „Sturz der Ordnung“ die linke Opposition zu liquidieren und so vielen rechtsextremen Chatgruppen und rechtsextremen Verdachtsfällen, dass es kaum möglich ist, diese einzeln aufzuzählen. [6] [7] [8] [9] [10]
Gegen die betreffenden Beamt*innen ermitteln deren Kolleg*innen selbst, was das ganze umso mehr ad absurdum führt. Anhand der Polizeigewalt lässt sich erkennen, wie unwirksam Ermittlungen der Behörden gegen sich selbst sind, das wird im Falle des Rechtsextremismus innerhalb der Polizei kaum anders sein. [11]
Parallel dazu wird das Narrativ des Einzelfalls von den Staatsorganen bis zum Letztmöglichen ausgereizt, um das Rassismusproblem in unserer Gesellschaft unter den Teppich zu kehren. [12]
Auch alltäglich auf der Straße sind Menschen vom Rassismus der Behörden und Staatsorgane bedroht, wie beispielsweise durch Racial Profiling oder die Forderung eines Innenministers, Abschiebungen in Krisengebiete zu enttabuisieren. [13]
Dieses Vorleben von Rassismus, gerade seitens der Polizei und des Staates, welche von einem Großteil der Menschen noch immer als „rechtschaffend“ wahrgenommen wird, führt unter anderem dazu, dass sich rassistische Denkmuster auch in der Gesellschaft durchsetzen und festigen und die Akzeptanz dessen steigt.
Refugees, People Of Colour oder einfach nur anders aussehende Menschen sind in Deutschland von Anfeindungen, rassistischen Witzen oder sogar körperlichen Angriffen bedroht, tagtäglich und überall. Die deutschen Sicherheitsbehörden sind hierbei in vielerlei Hinsicht Teil des Problems und nicht der Lösung und es kann sich beim Kampf gegen Rassismus nicht auf diese gestützt werden.
Antifaschismus selbst in die Hand nehmen!
Gerade in einer Zeit, in der die gesamte Menschheit vor riesigen und länderübergreifenden Herausforderungen steht, wie dem globalen Finanzkapitalismus mit all seinen Gräueltaten gegen die Menschheit, der globalen Klimakrise oder der Pandemie, ist es umso trauriger zu sehen, dass sich die Gesellschaft noch immer von rechten Hetzer*innen in sinnlose Kategorien wie Nationalität, Geschlecht oder Religion spalten lässt, anstatt solidarisch zu handeln und gemeinsam die Probleme unserer Zeit anzugehen.
Spaltung und Xenophobie war noch nie die Lösung, um gemeinsam voran zu kommen. Und gemeinsam bedeutet eben, als Weltbevölkerung zu überleben, allen Menschen, unabhängig von persönlichen Merkmalen wie z.B. Herkunft, Geschlecht oder Hautfarbe ein schönes Leben in Frieden und Freiheit zu ermöglichen.
Solidarität lautet das Gebot der Stunde, auch wenn es darum geht, sich gegen Nazis und rechtes Gedankengut zu stellen. Denn ebendieses Gedankengut spaltet die Menschheit in Nationen, „Rassen“ oder Klassen.
Wir lassen uns nicht spalten, auch nicht wenn es um den Kampf für Gleichberechtigung und gegen Faschismus geht.
Bildet Banden – Alle zusammen gegen den Faschismus!
Quellen:
[1] https://www.stadtzeitung.de/region/politik/tat-hanau-geschmackloser-facebook-schnellschuss-augsburger-afd-id202555.html
[2] https://www.goslar-gegen-rechtsextremismus.de/html/afd-sprueche.php
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistischer_Untergrund#Beh%C3%B6rdenverhalten_und_V-Leute
[4] http://antifa-aufbau.org/2019/12/19/broschuere-staat-nazis-hand-in-hand/
[5] https://taz.de/taz-Recherche-zu-Drohmails/!5709468/
[6] https://taz.de/Verfassungsschutz-ignoriert-Hinweise-zu-rechtem-Netzwerk/!5704654/
[7] https://taz.de/Rechtsextreme-Soldaten/!5727500/
[8] https://www.sueddeutsche.de/bayern/rosenheim-prozess-bundespolizei-hitlergruss-urteil-1.4962994
[9] https://taz.de/Thin-Blue-Line-Symbol-bei-Polizei-Berlin/!5750665/
[10] https://taz.de/Rechtsradikale-Chatgruppen-in-Hessen/!5753962&s=chatgruppen+polizei/
[11] https://www.swr.de/report/pruegelnde-polizisten-versagt-die-justiz/24-90-prozent-der-ermittlungsverfahren-wegen-rechtswidriger-polizeigewalt-werden-eingestellt/-/id=233454/did=22120290/mpdid=22127868/nid=233454/1jrc66r/index.html
[12] https://www.derstandard.at/story/2000072943520/nur-einzelfaelle-die-lange-liste-rechter-ausrutscher
[13] https://www.deutschlandfunk.de/abschiebung-in-krisengebiete-das-waere-ein-bruch-des.2852.de.html?dram:article_id=361288